Mädchen und Burschen, Frauen und Männer finden unterschiedliche Sozialisationserfahrungen und Lebensbedingungen vor und gehen daher auch in verschiedener Weise mit Gesundheit, Krankheit und Belastungen um. Die Berichte der Europäischen Kinder- und Jugendgesundheitsstudie (HBSC-Studie) belegen klar, dass es genderbezogene Unterschiede gibt, so zeigen Burschen eher „externalisierende“ bzw. expressive Formen des Gesundheitsverhaltens wie
Alkoholtrinken oder Kämpfen, während Mädchen mehr dazu neigen, emotional oder „internalisierend“ mit Gesundheitsthemen umzugehen und eher psychosomatische Symptome oder psychische Probleme entwickeln (Inchley et al. 2016).
Frauen übernehmen nicht nur den Hauptanteil an Haushaltsführung und Kindererziehung, sie erbringen auch den überwiegenden Anteil an Betreuungsarbeit für ihre pflegebedürftigen Angehörigen: 78 Prozent der betreuenden Angehörigen sind weiblich (Pochobradsky et al. 2005). Mit einem „Gender Pay Gap“ von 23 Prozent weist Österreich auch einen der größten geschlechtsspezifischen Lohn- und Gehaltsunterschiede in den EU-Mitgliedstaaten auf (Eurostat 2015).
Gewalt, insbesondere Bullying/Mobbing, tritt häufig im Zusammenhang mit Diversität und „Anderssein“ auf und stellt einen relevanten Risikofaktor für psychosoziale Gesundheit dar. So sind die Wahrscheinlichkeit, Opfer von Bullying zu werden, und sogar das Suizidrisiko von Jugendlichen, die einer sexuellen oder geschlechtlichen Minorität angehören, im Vergleich zur sexuellen/geschlechtlichen Majorität deutlich erhöht (vgl. Plöderl 2016). Auch häusliche Gewalt ist nicht nur ein gesellschaftliches und juristisches Problem, sondern auch ein gesundheitliches. Vor allem Gewalt in Kindheit und Partnerschaft, körperliche und sexualisierte Gewalt, Gewalt gegenüber Behinderten sowie Gewalt und freiheitsentziehende Maßnahmen gegenüber älteren Pflegebedürftigen.
Das Konzept „Diversität“ thematisiert die vorhandene Vielfalt, Unterschiedlichkeit und Individualität der Menschen und die Geisteshaltung, mit der dieser Unterschiedlichkeit begegnet wird. Generell, aber vor allem im Hinblick auf gesundheitliche Chancengerechtigkeit, unterstreicht der Zielgruppenansatz bzw. die Zielgruppenorientierung in der Gesundheitsförderung die Notwendigkeit, die Auswahl der Methoden und die Gestaltung der Maßnahmen an den Bedarf und die Ausgangsbedingungen der jeweiligen Zielgruppe(n) anzupassen. Grundlage dafür sind genaue Analysen hinsichtlich Problemlage und Bedarf bzw. Merkmalen der Zielgruppe(n) und Bedingungen in den relevanten Lebenswelten. Die Beteiligung der Zielgruppe(n) an der Planung und Durchführung aller Maßnahmen, von der Bedarfserhebung bis hin zur Evaluation, ist daher ein wichtiges Qualitätskriterium in der Gesundheitsförderung.
Q: RAP: s 22+23